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Rund 240 interessierte Bürgerinnen und Bürger waren in die Gemeindehalle Großerlach zur gemeinsamen Informationsveranstaltung der Gemeinde und des Landratsamtes gekommen. Auf dem Podium saßen neben Bürgermeister Christoph Jäger, Frau Dr. Längle-Sanmartin, Dezernentin für Soziales, Jugend und Gesundheit, und Frau Böhm vom Geschäftsbereich „Besondere Hilfen“, sowie Frau Lorenzen der Rems-Murr-Immobilien GmbH. Ebenfalls anwesend war Herr Eder vom Polizeirevier Backnang.
Bürgermeister Christoph Jäger erläuterte eingangs den Entscheidungsprozess der zum Gemeinderatsbeschluss am 17.09.2015 geführt hat. Gemeindeverwaltung und Gemeinderat versuchen mit dieser Entscheidung die unausweichliche Unterbringung von Flüchtlingen in der Gemeinde Großerlach so zu steuern, dass dies für die Gemeinde, ihre Einwohner aber auch für die Flüchtlinge selbst verträglich erfolgen kann. Nur so war es möglich, die zunächst angedachte Konzentration von 70-80 Flüchtlingen auf dem Kronenareal abzuwenden und auf 35 Flüchtlinge zu reduzieren. Im Gegenzug musste dem Landkreis aber ein alternativer Standort angeboten werden. Da im Hauptort Großerlach mit Bäckereifiliale, Banken, Schule, Kindergarten und Rathaus noch ein Mindestmaß an Infrastruktur vorhanden ist, hatten Verwaltung und Gemeinderat entschieden, neben dem Gasthaus „Krone“ dem Landkreis das Gelände des ehemaligen Jugendtreffs anzubieten und die Flüchtlinge zunächst nicht auf verschiedene Teilorte zu verteilen. Dass sich der Gemeinderat geschlossen und sachlich dieser unausweichlichen Aufgabe stellt, und sich nicht durch eine Verweigerungshaltung das Heft vollends aus der Hand nehmen lassen möchte, sollte nicht kritisiert werden, sondern verdiene Respekt, so Jäger abschließend.
Frau Dr. Längle-Sanmartin, erläuterte die aktuelle Situation im Landkreis. Für den Rems-Murr-Kreis wird momentan mit einer Zahl von 700 – 1.000 Menschen pro Monat gerechnet, für die der Kreis Unterkünfte bereitzustellen hat – Tendenz nach wie vor steigend. Trotz einer massiven Aufstockung der Unterkunftsplätze durch verschiedenste Maßnahmen geht der Kreis aktuell davon aus, dass im Oktober und November etwa 1.000 Plätze fehlen werden. Der Landkreis führt derzeit Gespräche und Verhandlungen über rund 120 Gebäude und Flächen. Es soll vermieden werden, dass Flüchtlinge in den anstehenden Wintermonaten in Zelten untergebracht werden müssen. Da der Kreis „mit dem Rücken zur Wand steht“ ist es nicht möglich, auf eine gerechte Verteilung auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu achten oder anderweitig „wählerisch“ zu sein. Zwangszuweisungen seitens des Landes sind nicht mehr auszuschließen und hätten in anderen Kreisen auch schon stattgefunden. Diese Notsituation wirke dann auch unmittelbar auf die Städte und Gemeinden durch, wobei deutlich wurde, dass es derzeit keine Garantie dafür geben könne, dass die Gemeinde Großerlach künftig nicht mit weiteren Zuweisungen zu rechnen habe.
Frau Böhm veranschaulichte mittels einer Präsentation die Entwicklung der Flüchtlingszahlen, die Herkunftsländer, sowie eine kurzen Überblick über die rechtlichen Aspekte, wie Asylverfahren, Leistungen für die Flüchtlinge, Zuständigkeiten für Landkreis und Gemeinde.
Im Anschluss bekamen die interessierten Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen. So konnte das Landratsamt mitteilen, dass für die „Krone“ die Unterbringung von Flüchtlingsfamilien, voraussichtlich aus Syrien vorgesehen ist, dies soll Ende Oktober erfolgen. Die Umbauarbeiten sind in vollem Gange, es werden zusätzliche sanitäre Anlagen eingebaut, die vorhandene Küche muss ausgebaut und bedarfsgerecht eingerichtet werden, da die dort untergebrachten Menschen sich selbst versorgen müssen. Außerdem wird der Gastraum umgebaut.
Ebenfalls auf Anfrage wurde erläutert, dass die Kosten für die Unterkunft und die soziale Betreuung der Landkreis trägt. Für die Gemeinde ist ein zeitlicher Mehraufwand für die Gemeindeverwaltung zu erwarten, sowie etwaige Mehrkosten für die Betreuung von Flüchtlingskindern im Kindergarten und in der Schule. Die erheblichen finanziellen Mehrbelastungen für den Landkreis werden sich allerdings auf die Kreisumlage auswirken.
Herr Eder vom Polizeirevier Backnang konnte entsprechende Befürchtungen aus der Bevölkerung teilweise ausräumen und berichten, dass bei vergleichbaren Gemeinschaftsunterkünften in der Vergangenheit keine nennenswerten Polizeieinsätze zu verzeichnen gewesen wären.
Bei zahlreichen Wortmeldungen ging es um die Frage, ob und wie man denn selbst auf die Flüchtlinge zugehen könne und helfen könne. Hierfür gäbe es vielfältige Möglichkeiten. So sei man sich bewusst, dass die fehlende Infrastruktur wie Einkaufsmöglichkeiten, Arzt oder Apotheke, ein Problem für die Flüchtlinge darstellen wird, auch im Hinblick auf die unzureichenden Busverbindungen. Hierbei könnte ehrenamtliches Engagement z.B. mit Fahrdiensten ansetzen. Auch werden die Flüchtlinge in Großerlach durch Sozialarbeiter und Hausmeister des Landkreises vor Ort betreut, aufgrund der relativ kleinen Personenzahl werden diese Mitarbeiter jedoch nur stundenweise zur Verfügung stehen. Auch hier könne durch ehrenamtliche Mitwirkung viel getan werden.
Bürgermeister Jäger beendete nach knapp zwei Stunden die Infoveranstaltung. Er bedankte sich bei den Beteiligten und Besuchern für das sachliche und respektvolle Miteinander. Er werte dies als gutes Zeichen, dass sich die Gemeinde Großerlach dieser Aufgabe im Schulterschluss zwischen Landkreis, Gemeindeverwaltung, Gemeinderat und Bevölkerung mit Anstand stellen werde.
Anschließend nutzten zahlreiche Besucher/innen die Gelegenheit, ihre Unterstützung bei der Betreuung und Integration der hilfebedürftigen Menschen anzubieten, die in Bälde in Großerlach ihren Wohnsitz nehmen werden.